Von Anfang April bis Ende Juni haben wir fast drei Monate in dem wunderschönen Inselgebiet Kuna Yala (andere Schreibweise Guna Yala), früher San Blas, verbracht. Hier lebt die letzte ursprüngliche Bevölkerungsgruppe der Karibik, die Kuna oder Guna, seit mehr als 200 Jahren. Ursprünglich von Kolumbien kommend, sind sie in vielen Jahren durch das fast undurchdringliche und vom Menschen sonst noch gänzlich unerforschte Darien Gebiet zur nordöstlichen Küste des heutige Panamas gewandert und haben sich auf den vorgelagerten Inseln und am Festland nahe der Flüsse niedergelassen. Das Gebiet erstreckt sich über 180 km von der Grenze zu Kolumbien bis zur Insel El Porvenir im Westen und umfasst an die 356 Koralleninseln. Davon sind ca. 50 dauerhaft bewohnt und teilweise dicht bevölkert.
Wer sich für die Geschichte der Kuna und ihre Bräuche interessiert ist im Museum auf Carti Island gut aufgehoben. Dort haben wir gelernt, dass das Volk der Kuna im Laufe der Geschichte vier einschneidende Revolutionen gegen Übergriffe von anderen Bevölkerungsgruppen hatte. Die vierte und wichtigste Revolution der Kuna fand erst 1925 gegen Panama statt. Auf Betreiben und mit Hilfe der USA stellte das Volk der Kuna einen Unabhängigkeitsantrag. Nach einwöchigen Ausschreitungen dieser Dule-Revolution schlossen sie den „Vertrag der Zukunft“ mit Panama, der ihnen die Verwaltungsrechte über ihr Gebiet zusichert. Von damals stammt ihre Flagge die dem Symbol Swastika (indisches Glückssymbol) zwar ähnelt, aber einen Kraken darstellen soll. Für uns Österreicher sieht es einem Hakenkreuz ähnlich, wobei dieses aber nach rechts gerichtet ist. Deshalb haben wir uns für die neuere Fahne entschieden, die allerdings eine Waffe und eine zur Faust gestreckte Hand enthält.
Auch wenn die Kuna seit 1983 im Parlament von Panama vertreten sind, gibt es immer wieder Streitigkeiten mit der Regierung in Panama. Zum Beispiel war es bis vor kurzem für uns Segler möglich, relativ komplikationslos in El Porvenir ein zu klarieren. Kurz nachdem wir unser Cruising Permit und Visum erhalten hatten, wurden aber die Behörden abgezogen und man muss nun weiter nach Portobello bzw. Colon um offiziell in Panama ein zu reisen.
Die Kuna leben noch großteils nach alten Bräuchen, wie zum Bsp. dem Chicha-Ritual, bei denen die jungen Mädchen ins Frau sein übergehen. Dafür wird ein Gärsaft aus Bananen und anderen Früchten angesetzt, der dann an diesem besonderen Tag getrunken wird. Den Mädchen wird dabei das lange Haar abgeschnitten und sie tragen ab diesem Zeitpunkt Kurzhaarfrisuren. Auch die typische Kunatracht der Frauen, mit den berühmten genähten Bildern, den sogenannten Molas, findet man vor allem noch an Festtagen oder bei der älteren Generation. Allerdings haben wir viele junge Menschen gesehen, die sicher nicht mehr nach diesen Ritualen leben und leben wollen. Auch hier hat der Fortschritt mittlerweile mit Fernsehern, Satellitenschüsseln sowie Handys und Tabletts Einzug gehalten. Und viele junge Frauen haben langes Haar. Was uns besonders aufgefallen ist, ist die Körpergrösse. Die Kunas sind eigentlich nach den Pygmäen das kleinste Volk, allerdings merkt man, dass die jungen Kuna viel größer werden. Wir vermuten es hat mit dem Lebensstil und den besseren Versorgungsmöglichkeiten zu tun. War es früher nur schwer und während der Trockenzeit möglich von Panama City nach Kuna Yala zu fahren, ist die Strasse mittlerweile fast gänzlich asphaltiert und das ganze Jahr zugänglich. Und so verlassen sich die Kuna nicht mehr auf den traditionellen Handel mit Kolumbien und ihre Selbstversorgung durch die Gärten und Fischerei, sondern importieren vieles aus Panama City. Leider steigt dadurch auch der Müll und da es keinerlei Müllentsorgung gibt, wird vieles in die Mangroven oder ins Meer entsorgt. Das sieht man auch an den Stränden der Insel an denen vor allem der Plastikmüll angeschwemmt wird. Bei den Seglern hat es sich eingebürgert immer mal wieder einen Strand zu säubern und alles was möglich ist zu verbrennen. Auch wir haben das gemacht und somit zumindest für eine kurze Periode einige Strände gereinigt. Natürlich wäre es besser, den eingesammelten Müll zu recyclen - aber dazu würden wir ein Frachtschiff brauchen. Den eigenen Müll sollte man am besten am Boot weiter nach Panama transportieren und dort dann entsorgen, da die Kuna den Müll gegen eine geringe Gebühr zwar gerne abnehmen, aber dieser in den meisten Fällen nur irgendwo hingeworfen wird. Wir hoffen, dass sie dieses Problem erkennen und sich eine Lösung einfallen lassen, da die Müllmengen ja eher mehr als weniger werden.
Generell sind die Kuna sehr freundlich und stolz auf ihre Kultur und ihr Inselparadies. Die meisten verkaufen in ihren kleinen Einbäumen mit Segeln - den sogenannten Ulus - Molas, Ketten aus kleinen Plastikperlen oder Fische, Krabben und Langusten. Auch wenn man mal nein sagt, wird das akzeptiert und halt beim nächsten Boot gefragt. Von Vorteil sind die größeren motorisierten Boote, die mit Gemüse, Obst und einigen anderen Kleinigkeiten immer mal wieder am Ankerplatz vorbei kommen. Hat man Glück ist gerade Avocado oder Mango Saison, wo man diese dann in großen Mengen günstig erstehen kann. Interessant ist auch, dass bei den Kuna das Matriarchat herrscht. Das bedeutet es gibt weibliches Erbrecht und die Männer müssen auf die Insel und in die Hütte der Frau ziehen. Das merkt man auch bei der Menge an Kindern die die Frauen haben. Wir haben viele getroffen die „nur“ zwei Kinder haben. Auch wenn eine Frau keine Kinder hat, herrscht sie trotzdem über Haus und Hof und die Finanzen der Familie. Das ist sicher mit ein Grund warum man sich in Kuna Yala vor allem als Frau sehr wohl und sicher fühlt.
Trotzdem gibt es für Ausländer einige wichtige Regeln, auf die die Kuna viel wert legen. Man kann hier nicht einfach Kokosnüsse nehmen, da jede Nuss ihren Besitzer hat. Fragt und bezahlt man aber vorher ist es kein Problem. Auch ist fischen erlaubt, Gerätetauchen allerdings verboten. Wir hatten viele freundliche Begegnungen, besonders mit Venancio und Lisa, zwei Master Mola Makern, die was von ihrem Handwerk verstehen und auch gut English sprechen. Venancio hat sich auf Molas spezialisiert, die er in mühevoller Kleinarbeit händisch stickt und dann verkauft. Er hat uns viel über sein Leben erzählt und kam sogar extra vorbei, um Keanu ein paar Mangos zu schenken. Lisa hat sich schon auf Touristen eingestellt und verkauft neben Molas auch Wasserkühler, Topflappen, Polsterüberzüge oder Dosenkühler mit Molastickereien. Überhaupt ist Keanu in ganz Kuna Yala bekannt und immer wenn ein Boot vorbei kommt rufen sie nach ihm und grüßen ihn freundlich oder geben ihm sogar Geschenke. Kennen gelernt haben wir auch Rosalind von Coco Bandero, die hier ein Geschäft für Touristen mit Übernachtungsmöglichkeiten eröffnet hat. Sie hat uns mit ihrer Familie ein paar mal besucht und wir haben ihr unter anderem Toms Video von den Ammenhaien gezeigt. Da war sie sehr erstaunt und konnte nicht verstehen warum wir da ins Wasser gehen. Auf Carti haben wir den geschäftstüchtigen John und seinen Sohn Germaine getroffen. Sie haben uns bei der An- und Abreise unserer Freunde und bei Besorgungen geholfen.
Diese Inselwelt ist wirklich ein Traum und wir hoffen der Kuna Congreso, der hier Entscheidungen trifft, verhindert weiterhin den Bau von großen Gebäuden oder gar Hotelburgen. Das einzig negative waren die vielen Sandflies - das sind kleine Mücken, die wenn sie sich vermehren Säugetierblut brauchen und deshalb gerne Menschen „beißen“! Die haben uns einige wunderschöne Ankerplätze vermiest. Vor allem in der Regenzeit, wenn der Wind aufhört, schwärmen sie gerne mal zu den Booten um sich dort voll zu fressen. Die letzten Wochen waren überaus spannend mit vielen starken Gewittern und einigen Blitzschlägen in unmittelbarer Nähe. Im Gegensatz zu einigen anderen Booten wurden wir dieses Mal vom Blitz verschont, zumindest bis jetzt...